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ie Friedliche Revolution hat 1989 zu tiefgreifenden Veränderungen im gesellschaftlichen und im privaten Leben geführt. Wie viele der Kollegen in den ostdeutschen Verlagen habe ich mich 1991/92 auf neuen Arbeitsfeldern umgesehen. So arbeitete ich zehn Jahre als Akademiesekretär/Geschäftsführerin der Freien Akademie der Künste zu Leipzig. Hier erhielt ich Gelegenheit, Textsammlungen zu Fragen der Zeit bei Reclam Leipzig herauszugeben.

 

Schließlich befasste ich mich als Lehrbeauftragte, dann als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Leipzig mit der modernen deutschen Verlagsgeschichte.

 

Bei Publikationen arbeite ich mit Autoren aus der Wissenschaft, Kunst und Politik zusammen. Die Texte basieren auf Recherchen in einschlägigen Archiven und gelegentlich auf Oral History.

 

Frühere Kollegen blieben für die Arbeit ansprechbar. Schritt für Schritt kamen neue Partner hinzu. 

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Mein '68. Für die Sächsische Akademie der Künste hrsg. von Holk Freytag und Ingrid Sonntag, Sandstein Verlag 2019

 

Die Sammlung mit mehr als 50 Beiträgen von Mitgliedern der Sächsischen Akademie der Künste und einigen Gastautoren fördert ein breites Spektrum des Geschehens im Jahr ʼ68 und in der Folge zutage. In Texten und Bildern/Fotografien sowie in einer Partitur, in Interviews und stadträumlichen Visionen kommen diverse Aufbrüche in ein ungeteiltes Europa zur Sprache, recht häufig jener in Osteuropa.

Berührend ist die unbedingte Bereitschaft der Autoren, Lesern und Betrachtern die persönliche Sicht auf das Schicksalsjahr '68 nahe zu bringen und ungeschminkt das Leben in Ausnahmesituationen abzubilden.

Die Gestaltung wurde bestimmt von Goethes »Farbenkreis zur Symbolisierung des menschlichen Geistes- und Seelenlebens« und lässt Die Unerträgliche Leichtigkeit des Seins (Milan Kundera) anklingen. Augenzwinkernd kalkuliert auch der Preis von € 19,68.

An den Grenzen des Möglichen. Hrsg. von Ingrid Sonntag, Ch. Links Verlag Berlin 2016
Das dicke Lese-Buch erzähle nicht nur die Geschichte eines Ausnahmeverlages. Es erzählt auch ein wichtiges Kapitel der widerständigen Geistesgeschichte in der DDR mit all ihren Rahmenbedingungen und den Ambitionen der Menschen, die Hans Marquardt sehr zielstrebig in Leipzig um sich versammelte. Das Ende von Reclam in Leipzig entbehre nicht einer gewissen Tragik. Hätte es nicht doch anders kommen können, frage man sich beim Lesen. Ein kleines »Vielleicht« steht da – und ein großes: Die Zeiten waren nicht mehr danach.

Auf jeden Fall sei der Band ein reiches Futter für alle, die eine der spannendsten Verlagsgeschichten kennenlernen wollen. Und zwar in so vielen Aspekten, dass man nicht wirklich traurig ist, dass noch einmal genauso viel fehlt. So ein kleiner Verlag kann die Grenzen so eines Buchprojektes ganz leicht sprengen.

 

Ralf Juhnke, Leipziger Internet Zeitung L-iz, 18. Februar 2017

100 Jahre Kiepenheuer-Verlage. Hrsg. von Siegfried Lokatis und Ingrid Sonntag, Ch. Links Verlag Berlin 2011
Der Sammelband sei ein Unikum in der deutschen Verlagsgeschichte. Er beschreibt eine Entwicklung, die mit dem wagemutigen Verleger Gustav Kiepenheuer 1910 in Weimar ihren Anfang nimmt und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fortgesetzt wird. So vermittele das Buch auch ein Exempel der intellektuellen Teilungsgeschichte der Deutschen, bevor die Wiedervereinigung schließlich 2010 das Ende des ostdeutschen Verlages zur Folge hat.
 
Rüdiger Thomas, Deutschland Archiv 2/2011
 
 
»Zur Zeit lese ich mit Vergnügen und Gewinn in dem von Dir verlegten Kiepenheuer-Buch. Ein reiches Stück Literaturgeschichte voller bewundernswerter und schillernder Figuren  (bewundernswert, was Gustav Kiepenheuer betrifft, schillernd, den Herrn Kaspar Witsch betreffend, den ich noch kurz vor seinem Tod kennenlernte).«
Günter Grass an Dr. Christoph Links,
13. April 2011
Heimliche Leser in der DDR. Hrsg. von Siegfried Lokatis und Ingrid Sonntag, Ch. Links Verlag Berlin 2008, chinesische Ausgabe 2012

Löbliche Archäologie betrieben der Historiker Lokatis und die Germanistin Sonntag. In ihrer Anthologie über die »Kontrolle und Verbreitung unerlaubter Literatur« sei zu erfahren, auf welch wahrlich abenteuerlichen Wegen vom Regime unerwünschte Schriften in die DDR gelangten. (...) In dem fundierten wie amüsanten Sammelband legen frühere Zolloffiziere, Ex-Stasi-Postkontrolleure, Dissidenten und Bücherschmuggler Zeugnis ab über ein kaum glaubliches Kapitel deutsch-deutscher Literaturbeziehungen.

 

Hendrik Werner, Literarische Welt, 4. Oktober 2008

Drei Meilen vor dem Anfang. Hrsg. von Ingrid Czechowski, Reclam Leipzig (RB 1633) 1998

»Nein«, sagte der Geistliche, »man muss nicht alles für wahr halten, man muss es nur für notwendig halten.«  »Trübselige Meinung«, sagte K. »Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht.« Ich erwähne dies aus zwei Gründen. Erstens übt die Macht aus undenklichen Zeiten auf jeden, der von außen mit ihr in Berührung kommt, eine Faszination aus, die ihre wahre Natur verschleiert, in einem von atavistisch magischen oder religiösen Vorstellungen gefärbten Licht sehen läßt. Ich glaube, daraus erwächst uns, den noch Daseienden, die Pflicht, diese irrationalen Momente zur Kenntnis zu nehmen und womöglich auszuschalten. Zweitens drängt mich dazu die Erfahrung und das Gewissen. Es gab bisher kaum ein Jahrhundert, in dem sich ver-hältnismäßig so viele Intellektuelle – Philosophen, Gelehrte, Clerks, Geistesarbeiter oder wie man sie nannte – Lehren angeschlossen haben, die entweder vom Anfang an oder in ihren praktischen Auswirkungen die in Jahrtausenden erarbeiteten ethischen Grundsätze rückgängig zu machen trachteten.

 

Aus An des Jahrtausends ernstem Ende von Eduard Goldstücker, September 1996, Alte Handelsbörse zu Leipzig

Das Vergängliche überlisten. Hrsg. von Ingrid Czechowski, Reclam Leipzig (RB 1536) 1996

Es sei ein ungewöhnlich lesenswertes Taschenbuch, das die manchmal so gewaltsam intonierten Literaturstreitigkeiten der letzten Jahre ihrem realen Kern näherbringt. In den Reden, die nun auch als Aufsätze nachzulesen sind, wird deutlicher und differenzierter als sonst und weit jenseits der Ebene von schockierender Nachricht und Skandal die Wunde spürbar, die den »Kulturort« Deutschland versehrt und die so bald nicht verheilt sein wird.

Heinrich Vormweg, Süddeutsche Zeitung,
26. Oktober 1996

»Es ist einer der wichtigsten und brauchbarsten Bände zum viele schon ermüdenden Thema Ost-West. Gerade weil es dieses nicht im Sonntagsrednerton angeht. Die Herausgeberin Ingrid Czechowski spricht mit Recht von der ›langsamen und geduldigen Arbeit künstlerischer Erinnerung‹ und von einem ›Dialog über existentielle Lebensveränderungen und gestundete Lebensentwürfe‹.«

Alexander von Bormann, Deutschlandfunk,

Januar 1997

Denk ich an Deutschland. Hrsg. von Ingrid Czechowski, Reclam Leipzig (RB 1527) 1995


»Ebenso wie Milan Kundera wird auch uns erst mit dem Abstand zum verödeten Kulturraum, der von Mitteleuropa geblieben ist, bewußt, daß die Kunde von Atlantis erst sehr viel später uns erreicht hat - als die Insel längst im Meer verschwunden war.

Eine am Ufer gefundene Flasche – und darin ein Text.

 

Ein uraltes romantisches Bild aus Erzählungen über Schiffbrüchige, reichlich mitgenommen und verwittert, und dennoch führt es uns vor Augen: Auf dem Boden, auf den sie geraten sind, tasten sich die Schiffbrüchigen nach vorn. Ist der Boden begehbar? Ist er nicht etwa vulkanisch? Und wer, außer uns, bewohnt ihn noch?«
 

 
Aus Was ist vom Kulturfestland, Mitteleuropa genannt, übriggeblieben von Milan Uhde, Januar 1995, Oper Leipzig

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